Schon vor Jahrtausenden von Jahren haben die Ägypter ihre Geschichten in Form von Hieroglyphen in Stein und gemalt auf Wänden festgehalten. Das Bedürfnis der Unsterblichkeit, indem man die vergänglichen Augenblicke dauerhaft für die Nachwelt aufzeichnet. Danach entwickelte sich die Schrift immer weiter und passte sich im Laufe der Zeit den Menschen an und wurde immer mehr von diesen weiterentwickelt, weg von den Bildzeichen hin zum uns bekannten Alphabet. Die Römer ließen Steinwände mit Schrift verzieren, daraus entstand die römische „Capitalis“, aus welcher sich vermutlich alle anderen Schriften ableiten. Das Schreiben wird zum Beruf und die Schreibgewohnheit wird durch das beschriebene Material beeinflusst. Geschrieben wurde auf Knochen, Papyrus, Stoff, Ton, Holz oder Schiefertafeln. Auch das Schreibwerkzeug passte sich immer mehr an und wurde stetig weiterentwickelt. Auch die Schriftformen entwickelten sich auf diese Weise, woraus 1964 die DIN-Norm 16518 für die Klassifizierung von Schriften entstand. Um zu verstehen, wie sich die verschiedenen Schriftformen ableiten, gehen wir diese im folgenden chronologisch durch.
Abb. 1: Die verschiedenen Linien der Schriftentwicklung
Auszug aus „Kleine Schule der Typographie“ von Albert Rahmer:
Antiqua
Als Sammelbegriff aller aus den lateinischen Schriftformen hervorgegangenen Schriftarten im Gegensatz zu den gebrochenen Schriftformen der Gotisch, Schwabacher und Fraktur. Diese Schriftform, mit welcher die Dichtungen des klassischen Altertums in der Renaissancezeit zum Druck gelangten, erhielt damals den Namen »Antiqua litera«. Als Großbuchstaben erhielt sie die Figuren der römischen Kapitale. Die Kleinbuchstaben entstammen der Fortentwicklung der Karolingischen Minuskel.
Renaissance-Antiqua (Mediaeval)
Antiquaform aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Merkmale: Aufgerundete Schraffen, Wechselzug mit geringem Unterschied in der Strichstärke und schräger Achse in den Rundungen und schrägen Ansätzen bei den Kleinbuchstaben. Namen: Garamond, Poliphilus, Bembo, Weiß-Antiqua, Genzsch, Palatino, Plantin, Trajanus, Trump-Mediaeval, Äterna und andere.
Barock-Antiqua (vorklassizistische)
Fortentwicklung der Renaissance-Antiqua. Rundformen mit nahezu vertikaler Achse. Verfeinerung der Schraffen. Namen: van Deck, Janson, Fleischmann, Caslon, Baskerville, Fournier, Imprimatur und andere.
Klassizistische Antiqua
Typische Kupferstichformen aus der klassizistischen Epoche des 18. Jahrhunderts. Die Merkmale: Kräftige senkrechte Striche im Wechsel mit haardünnen Querstrichen, Verbindungen und Serifen, rechtwinklige Ansätze und senkrechte Achsstellung. Namen: Bodoni, Walbaum, Didot, Ration, Tiemann, Händel und andere.
Kursiv
Ursprünglich als eine selbstständige Schriftgattung geschaffen und von Francisco Griffi für Aldus Manutius um 1500 entworfen. Später als Ergänzung und Auszeichnung zu den meisten Antiquaschriften aller Charaktere. Beispielsweise Garamond-Kursiv, Janson-Kursiv, Bodoni-Kursiv.
Linear-Antiqua
Diese Schrift ist um 1815 entstanden und weist sehr betonte Serifen auf. Daher wird sie auch durch den modischen Begriff Egyptienne genannt. Eine Drucktype mit optisch gleichstarken und ausgeprägten Serifen. Besonders verbreitet in unserer Schreibmaschinentype. Italiens ist eine Variante dieses Charakters, die die Serifen stark betont und die eigentlich formentscheidenden Striche schwach erscheinen lässt. Clarendon heißt die Spätform dieses Charakters. Sie hat runde Übergänge vom senkrechten zum waagerechten Strich. Namen: Beton, Memphis, Welt-Antiqua, Schadow, Volta, Magnet.
Seifenlose Linear-Antiqua (Grotesk)
Antiquaschriften mit einer optisch gleichbleibenden Strichstärke. Seit 1832 als Druckschrift. Anfangs als Steinschrift bekannt. Aus der Skelettform der römischen Kapitale hervorgegangen. Ihre Formen setzen sich vielmals aus Quadrat, Dreieck und Kreis zusammen. Die Schriftfamilien dieser Form sind sehr umfangreich und enthalten schmale, magere, halbfette, fette und breite Ausführungen. Namen: Akzidenz-Grotesk, Futura, Helvetica, Neue Haas Grotesk, Univers, Neuzeit.
Antiqua-Varianten
Die Ausprägungen findet man in einer Colonia, Stahl und Optima und anderen.
Künstlerschriften in Schreibformen
Diese sind nach freier Gestaltung mit Feder und Pinsel entstanden. Namen: Englische Schreibschrift, Bernhard-Schönschrift, Derby, Allegro, Dynamik und andere im Wechselzug; Signal, Graphik, Elan und andere im Schnurzug; Balzac, Fresko und andere im Pinselzug.
Handschriftliche Antiqua
Geschriebene und stehende Antiqua-Schriften, die persönliche künstlerische Gestaltung zeigen, aber doch den Schwerpunkt nach Antiqua-Schriften darstellen.
Gotisch (Textura)
Im 11. und 12. Jahrhundert durch Brechung der Rundungen aus der Karolingischen Minuskel entstanden. Enge vertikalbetonten, kräftige Schrift mit rautenförmigem Beginn und Abschluss. Als Gotisch (barbarisch) wurde sie erst später von den Humanisten bezeichnet, die damit ihre Abneigung zum Ausdruck brachten.
### Rundgotisch (Rotunda)
Durch Einfluß der italienischen Renaissance gewandelte Gotisch, Ende des 14. Jahrhunderts. Wegen ihres spürbaren Antiquaeinflusses, Mittelform zwischen Gotisch und Antiqua, Bastardschrift genannt. Merkmale: Ohne Rautenfüße, abgeschwächte Brechung der Kleinbuchstaben, breite und offene Form, dazu Versalien in Fraktur und Antiquaform. Namen: Wallau, weiß-Rundgotisch.
Schwabacher
Als deutsche Weiterentwicklung der Textur im 15. Jahrhundert entstanden. Runde und gerade Federzüge im Wechsel. Charakteristisch sind niedere und breite Kleinbuchstaben. Fehlen der Rautenfüße, Großbuchstaben zügig, Gesamtbild breit und kraftvoll.
Fraktur
Die aus Textura und Schwabacher in Deutschland fortentwickelte Schrift. Renaissance und Barock mit ihrer Reichhaltigkeit haben ihr in den Schreibstuben der Fürsten kalligrafische Feinheiten verliehen. Merkmale: Elefantenrüssel bei den schwungvollen Großbuchstaben. Kleinbuchstaben schlank, gegabelte Oberlängen. 1517 erstmals als Druckschrift im Theuerdank. Namen: Breitkopf, Luther, Walbaum, Fichte, Kleist, Zentner, Gilgengart und andere.
Quelle: Rahmer, Albert. 1966. Kleine Schule der Typographie. Stuttgart: Otto Blersch Verlag.
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Schon vor Jahrtausenden von Jahren haben die Ägypter ihre Geschichten in Form von Hieroglyphen in Stein und gemalt auf Wänden festgehalten. Das Bedürfnis der Unsterblichkeit, indem man die vergänglichen Augenblicke dauerhaft für die Nachwelt aufzeichnet. Danach entwickelte sich die Schrift immer weiter und passte sich im Laufe der Zeit den Menschen an und wurde immer mehr von diesen weiterentwickelt, weg von den Bildzeichen hin zum uns bekannten Alphabet. Die Römer ließen Steinwände mit Schrift verzieren, daraus entstand die römische „Capitalis“, aus welcher sich vermutlich alle anderen Schriften ableiten. Das Schreiben wird zum Beruf und die Schreibgewohnheit wird durch das beschriebene Material beeinflusst. Geschrieben wurde auf Knochen, Papyrus, Stoff, Ton, Holz oder Schiefertafeln. Auch das Schreibwerkzeug passte sich immer mehr an und wurde stetig weiterentwickelt. Auch die Schriftformen entwickelten sich auf diese Weise, woraus 1964 die DIN-Norm 16518 für die Klassifizierung von Schriften entstand. Um zu verstehen, wie sich die verschiedenen Schriftformen ableiten, gehen wir diese im folgenden chronologisch durch.
Auszug aus „Kleine Schule der Typographie“ von Albert Rahmer:
Antiqua
Als Sammelbegriff aller aus den lateinischen Schriftformen hervorgegangenen Schriftarten im Gegensatz zu den gebrochenen Schriftformen der Gotisch, Schwabacher und Fraktur. Diese Schriftform, mit welcher die Dichtungen des klassischen Altertums in der Renaissancezeit zum Druck gelangten, erhielt damals den Namen »Antiqua litera«. Als Großbuchstaben erhielt sie die Figuren der römischen Kapitale. Die Kleinbuchstaben entstammen der Fortentwicklung der Karolingischen Minuskel.
Renaissance-Antiqua (Mediaeval)
Antiquaform aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Merkmale: Aufgerundete Schraffen, Wechselzug mit geringem Unterschied in der Strichstärke und schräger Achse in den Rundungen und schrägen Ansätzen bei den Kleinbuchstaben. Namen: Garamond, Poliphilus, Bembo, Weiß-Antiqua, Genzsch, Palatino, Plantin, Trajanus, Trump-Mediaeval, Äterna und andere.
Barock-Antiqua (vorklassizistische)
Fortentwicklung der Renaissance-Antiqua. Rundformen mit nahezu vertikaler Achse. Verfeinerung der Schraffen. Namen: van Deck, Janson, Fleischmann, Caslon, Baskerville, Fournier, Imprimatur und andere.
Klassizistische Antiqua
Typische Kupferstichformen aus der klassizistischen Epoche des 18. Jahrhunderts. Die Merkmale: Kräftige senkrechte Striche im Wechsel mit haardünnen Querstrichen, Verbindungen und Serifen, rechtwinklige Ansätze und senkrechte Achsstellung. Namen: Bodoni, Walbaum, Didot, Ration, Tiemann, Händel und andere.
Kursiv
Ursprünglich als eine selbstständige Schriftgattung geschaffen und von Francisco Griffi für Aldus Manutius um 1500 entworfen. Später als Ergänzung und Auszeichnung zu den meisten Antiquaschriften aller Charaktere. Beispielsweise Garamond-Kursiv, Janson-Kursiv, Bodoni-Kursiv.
Linear-Antiqua
Diese Schrift ist um 1815 entstanden und weist sehr betonte Serifen auf. Daher wird sie auch durch den modischen Begriff Egyptienne genannt. Eine Drucktype mit optisch gleichstarken und ausgeprägten Serifen. Besonders verbreitet in unserer Schreibmaschinentype. Italiens ist eine Variante dieses Charakters, die die Serifen stark betont und die eigentlich formentscheidenden Striche schwach erscheinen lässt. Clarendon heißt die Spätform dieses Charakters. Sie hat runde Übergänge vom senkrechten zum waagerechten Strich. Namen: Beton, Memphis, Welt-Antiqua, Schadow, Volta, Magnet.
Seifenlose Linear-Antiqua (Grotesk)
Antiquaschriften mit einer optisch gleichbleibenden Strichstärke. Seit 1832 als Druckschrift. Anfangs als Steinschrift bekannt. Aus der Skelettform der römischen Kapitale hervorgegangen. Ihre Formen setzen sich vielmals aus Quadrat, Dreieck und Kreis zusammen. Die Schriftfamilien dieser Form sind sehr umfangreich und enthalten schmale, magere, halbfette, fette und breite Ausführungen. Namen: Akzidenz-Grotesk, Futura, Helvetica, Neue Haas Grotesk, Univers, Neuzeit.
Antiqua-Varianten
Die Ausprägungen findet man in einer Colonia, Stahl und Optima und anderen.
Künstlerschriften in Schreibformen
Diese sind nach freier Gestaltung mit Feder und Pinsel entstanden. Namen: Englische Schreibschrift, Bernhard-Schönschrift, Derby, Allegro, Dynamik und andere im Wechselzug; Signal, Graphik, Elan und andere im Schnurzug; Balzac, Fresko und andere im Pinselzug.
Handschriftliche Antiqua
Geschriebene und stehende Antiqua-Schriften, die persönliche künstlerische Gestaltung zeigen, aber doch den Schwerpunkt nach Antiqua-Schriften darstellen.
Gotisch (Textura)
Im 11. und 12. Jahrhundert durch Brechung der Rundungen aus der Karolingischen Minuskel entstanden. Enge vertikalbetonten, kräftige Schrift mit rautenförmigem Beginn und Abschluss. Als Gotisch (barbarisch) wurde sie erst später von den Humanisten bezeichnet, die damit ihre Abneigung zum Ausdruck brachten.
Rundgotisch (Rotunda)
Durch Einfluß der italienischen Renaissance gewandelte Gotisch, Ende des 14. Jahrhunderts. Wegen ihres spürbaren Antiquaeinflusses, Mittelform zwischen Gotisch und Antiqua, Bastardschrift genannt. Merkmale: Ohne Rautenfüße, abgeschwächte Brechung der Kleinbuchstaben, breite und offene Form, dazu Versalien in Fraktur und Antiquaform. Namen: Wallau, weiß-Rundgotisch.
Schwabacher
Als deutsche Weiterentwicklung der Textur im 15. Jahrhundert entstanden. Runde und gerade Federzüge im Wechsel. Charakteristisch sind niedere und breite Kleinbuchstaben. Fehlen der Rautenfüße, Großbuchstaben zügig, Gesamtbild breit und kraftvoll.
Fraktur
Die aus Textura und Schwabacher in Deutschland fortentwickelte Schrift. Renaissance und Barock mit ihrer Reichhaltigkeit haben ihr in den Schreibstuben der Fürsten kalligrafische Feinheiten verliehen. Merkmale: Elefantenrüssel bei den schwungvollen Großbuchstaben. Kleinbuchstaben schlank, gegabelte Oberlängen. 1517 erstmals als Druckschrift im Theuerdank. Namen: Breitkopf, Luther, Walbaum, Fichte, Kleist, Zentner, Gilgengart und andere.
Quelle: Rahmer, Albert. 1966. Kleine Schule der Typographie. Stuttgart: Otto Blersch Verlag.